Surimi ist mehr oder weniger frei von Eigengeschmack, sieht exotisch aus und liefert Eiweiß. Obwohl das Lebensmittel lange in der Kritik stand, ist traditionell zubereitetes Surimi qualitativ hochwertig und schmackhaft.
Für das Eiweißprodukt werden Teile von Fischfleisch verarbeitet, die bei der Verarbeitung ohnehin anfallen, nicht als Filet, Sashimi oder in anderer Form verkauft werden können und eigentlich Abfall wären. Abfall? Klingt unappetitlicher als es ist. Surimi wird aus reinem Muskelfleisch hergestellt – es geht also um die unförmigen Ecken und Fitzelchen, die beim Zuschneiden des Filets anfallen. Trotzdem steht genau diese Praktik immer wieder in der Kritik. Die Verarbeitung von Resten hat mit japanischem Surimi nicht viel zu tun. Wenn Hersteller Gräten, minderwertiges Fleisch und Haut beimischen, ist das minderwertiges Surimi.
Es gibt viele verschiedene Arten, Fisch zu genießen. Roh, gebraten, gedämpft, mariniert oder gekocht – und in Japan eben auch sehr stark verarbeitet. Surimi besteht entgegen landläufiger Meinung nicht zwangsläufig aus Abfällen, sondern wird aus reinem Muskeleiweiß der Fische hergestellt.
Bei der Gewinnung von Surimi wird der geköpfte und ausgeweidete Fisch von einem Separator bearbeitet. Haut, Schuppen und Gräten werden entfernt. Dann wird der Fisch in eine rotierende Stahltrommel gepresst, die kleine Löcher hat. Das Fischfleisch passt durch die Löcher, härtere Teile wie übrig gebliebene Gräten nicht. Heraus kommt ein Brei aus Eiweiß, die Muskelfasern und die typische Struktur des Fleisches sind zerstört. Surimi ist das noch nicht.
Der Brei aus Fischfleisch wird anschließend mit Wasser verrührt und wieder gepresst, und das in mehreren Durchgängen. Für ein Kilogramm Surimi werden dabei etwas 30 l Wasser verbraucht. Dem Wasser wird Karbonat zugesetzt, um fettreichere Fischarten zu entfetten. Und weil das Fleisch nicht immer strahlend weiß ist, wird manchmal auch Wasserstoffperoxid zum Entfernen der Verfärbungen genutzt. Unter Druck wird das Zellwasser und ein Großteil der löslichen Protein sowie die Nicht-Eiweiße herausgepresst. Nach diesem Arbeitsschritt bleibt eine feste, geruchs- und geschmacksneutrale Masse aus Eiweiß übrig.
Rohsurimi kann zum fertigen Produkt weiterverarbeitet werden. Das wird aber eher selten gemacht. Meist wird der größte Teil eingefroren, so dass die Masse transportiert und gelagert werden kann. Beim Einfrieren denaturiert das Eiweiß jedoch normalerweise. Mit der Zugabe von Zucker, Zuckeraustauschstoffen oder Polyphosphaten wird das verhindert. Manchmal wird auch Chitosan, ein Bestandteil des Panzers von Krustentieren, zugegeben. Rohsurimi wird in Blöcken von 10 kg oder 20 kg gefroren und ist so bis zu einem Jahr haltbar.
Aus den gefrorenen Blöcken werden ganz unterschiedliche Produkte gefertigt. In Deutschland dagegen wird Surimi in erster Linie als Krebsfleisch-Imitat vertrieben (sogenannte Crabsticks). In manchen Supermärkten findet man auch nachgeahmte (und nachgeformte) Krabben, Shrimps und Hummer. Manchmal wird die Surimi-Masse auch mit den Resten von Tintenfisch sowie Algenextrakten versetzt, zu Ringen geformt und in frittierter Form als Calamari-Ersatz angeboten. Im Kaugefühl und im Aussehen kommen die Imitate echten Meeresfrüchten relativ nahe.
Surimi wurde schon vor etwa 900 Jahren in Japan hergestellt: Damals war es eine Frage des Haushaltens. Zerhackter Fisch, der mit Zucker gegart und geliert ist, hält sich einfach länger als roher Fisch. So bedeutet das Wort Surimi in der Schreibweise すり身 auch nur “zermahlenes Fleisch”. Eine wichtige Rolle in der Lebensmittelindustrie spielt Surimi erst seit etwa 1959. Seitdem wird der gefangene Frischfisch nicht mehr auf See zubereitet, sondern mit Feuchthaltemitteln versetzt (das kann Polydextrose sein, aber auch Sorbet oder Polyphosphate), roh eingefroren und erst später verarbeitet. Außerdem werden nicht nur direkt vermarktbare Fische, sondern auch Krill verwendet.
Surimi wird manchmal mit Hühnereiweiß, Stärke und Öl, Zucker oder Salz sowie Geschmacksverstärkern versetzt, unter Wärme gefestigt und aromatisiert und gefärbt. Wird Surimi in Deutschland als Krebsfleischimitat verkauft, ist es mit Krebsaroma angereichert. Die Farbe wird durch einen Überzug aus Paprikaextrakt oder einem rotorangen beziehungsweise pinken Farbstoff erreicht. Die längliche, fingerdicke Rolle (der genannte Crabstick) ist so auch in Japan erhältlich. Er wird als Füllung für Maki-Sushi verwendet, landet manchmal auch in den Nudeleintöpfen (Udon oder Ramen). Allerdings gibt es auch in Japan die als Krabbenimitat, Garnelenimitat oder Tintenfischimitat verarbeiteten Produkte.
In Japan wie in Deutschland muss deklariert werden, was in den Lebensmitteln enthalten ist. Das ist auch bei Surimi der Fall, so dass Imitate von täuschend echt aussehenden Meeresfrüchten auch als solche erkennbar sind. Wenn man die Angaben auf der Verpackung genau liest. Isst man im Restaurant, ist das etwas schwieriger. Denn hier werden nur fertig zubereitete Gerichte verkauft, keine einzelnen Zutaten.
Eine besondere Form von Surimi sind Kamaboko. Kamaboko bestehen oft aus dem weißen Fleisch des Alaska-Seelachses und sind zu Laiben geformt, die ein wenig an Brot erinnern. Sie werden gedämpft, sind dann also gar und haben eine zähe Konsistenz. Kamaboko können außen weiß oder in pink eingefärbt sein, die Mitte de Laibe ist immer weiß. Sie werden auf kleinen, dünnen Holzbrettchen geliefert, an denen sie beim Dämpfen grundsätzlich leicht festbacken. In dünne Scheiben geschnitten und gekühlt mit Dips oder in Suppen, Eintöpfen und Nudelgerichten serviert, dienen sie als sanft schmeckender Eiweißlieferant. Vor allem zu Festtagen wird gerne rotes und weißes Kamaboko serviert, weil die Farben Rot und Weiß Glück bringen sollen. Hergestellt wird diese Form von Surimi seit dem 14. Jahrhundert. Als fertiger Snack dient eine Mischung als Käse und Kamaboko, genannt Chiikama.
Optisch ähnlich ist Narutomaki, eine Strudelrolle aus Surimi und gekocht. Auch dieses Eiweißprodukt wird fast immer in Scheiben serviert.
Surimi wird in den Medien meist eher negativ als ein Fake-Produkt dargestellt. Das ist durchaus verständlich. Denn vor einigen Jahren gab es tatsächlich den ein oder anderen Lebensmittelskandal. Surimiprodukte wurden als Hummerscherenfleisch oder Garnelen verkauft, die Inhaltsstoffe waren nicht ausreichend gekennzeichnet. Es war also gar nicht klar, dass es sich nicht um echte Meeresfrüchte, sondern um Imitate handelte. Das fiel erst auf, als die Imitate genau angesehen und geschmeckt wurden. Im Anschluss wurde Surimi ganz allgemein als ein Fake-Produkt aufgebauscht, so dass auch die hochwertigen und gesunden Produkte negativ im Gedächtnis bleiben. Richtig hergestelltes Surimi, ohne Zusatzstoffe und nach traditionellen japanischen Verfahren hergestellt, ist gesundheitlich unbedenklich, nahrhaft und sogar lecker. Denn diese Produkte werden nicht aus Abfällen und minderwertigen Resten hergestellt.
Traditionell wird eher hochwertiges Fischfilet verwendet, und zwar in erster Linie von Weißfischen. Seelachs, Kabeljau, Brassen und Weißhecht werden zu Surimi verarbeitet. Das Einzige, was da zu bemängeln wäre, ist die starke Verarbeitung des auch in natürlicher Form sehr schmackhaften und gesunden Fischfilets. Hinsichtlich Nachhaltigkeit und Energieverbrauch ist das keine gute Lösung. Andererseits mag man argumentieren, das Surimi länger haltbar ist als Rohfisch und eben auch die Filets von kleinen Fischen verarbeitet werden können, die eher nicht verkauft werden.
Noch ein Punkt der Kritik: Oft wird jeder einzelne Stick in einen kleinen Plastikbeutel verpackt, alle Sticks zusammen noch einmal in Kunststofffolie eingeschweißt und das Päckchen in eine Pappschachtel verpackt, die unter Umständen mit einem dünnen Folienüberzug versehen ist. Eine solche Art der Verpackung ist nicht umweltfreundlich. Und natürlich ist es auch weiterhin rufschädigend, wenn immer noch viele Hersteller Fischreste aller Art und Abfälle der Fischindustrie zu Surimi verarbeiten oder beimischen.
Japanisches Surimi kommt in der hochwertigen Version ohne viele Zusatzstoffe aus. Sind auf der Packung Polyphosphate, Mononatriumglutamat oder andere Glutamate, Aromen oder Azofarbstoffe aufgeführt, handelt es sich nicht um ein hochwertiges Produkt. Diese Beimischungen sind der Gesundheit wenig dienlich oder sogar schädlich. Übrigens wird Surimi als flach ausgerollte Ware hergestellt, deren eine Seite zu etwa fünf Zentimetern mit Paprikaextrakt eingefärbt wird. Erst die aufgerollte und zurechtgeschnittene Platte ist das faserige Endprodukt, das als Crabsticks verkauft wird.
Liest sich wie ein gesundes Lebensmittel, und genau das ist Surimi auch. Hochwertige Eiweiße und ein niedriger Fettgehalt versprechen gesunde, leichte Kost. Allerdings enthält es mehr Fett als reiner Fisch, weil oft pflanzliche Öle beigefügt sind. Die sind aber nicht gehärtet, so dass das dem Produkt nicht schadet. Gute Produkte erkennt man an:
Dass ein verarbeitetes Lebensmittel nicht mehr so viele und so verschiedene Nährstoffe enthält wie das natürliche Pendant, ist klar. Trotzdem ist Surimi keineswegs frei von Mineralien, Vitaminen und Spurenelementen. Enthalten sind, abhängig von der Verarbeitung:
Surimi lässt sich zu allen möglichen dekorativen Dingen formen und zubereiten. Allerdings sollte es nicht stark erhitzt werden, denn unter Hitze verändern sich Konsistenz und Geschmack ins Negative. In Japan wird Surimi oft “Natur” gegessen, es darf sich vor dem Verzehr etwa zehn Minuten akklimatisieren und bei Zimmertemperatur sein Aroma entfalten. Als Füllung von Maki- oder Californiaröllchen sowie als Auflage von Nigiri-Sushi ist es gut geeignet. Das Produkt ist formstabil und lässt ich gut schneiden, so dass die Zubereitung dekorativer Sushi einfach ist.
In Meeresfrüchtesalaten, in grünen Salaten, als Suppe oder Topping japanischer Nudelsuppen ist Surimi ebenfalls gut geeignet. Aber auch da ist wichtig, dass das Produkt nicht mitgekocht, sondern erst vor dem Servieren dazugeben wird. Letztendlich kann Surimi aber auch gut mit frischen Dips auf der Basis von Creme fraiche gesnackt werden.